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Vier NBG-Gut­ach­ten zur Me­tho­den­ent­wick­lung

Collage zu den Wirtsgesteinen Ton, Salz und Kristallin Collage zu den Wirtsgesteinen Ton, Salz und Kristallin
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)/Peter-Paul Weiler/Bildkraftwerk

Gutachten | 09.12.2021

Sind die Gebiete, die für die Methodenentwicklung bei der Endlagersuche ausgewählt worden sind, überhaupt geeignet? Und wie wurden sie ausgewählt? Die Sachverständigen des NBG haben diese Fragen unter die Lupe genommen. Hier die Ergebnisse – kurz & verständlich zusammengefasst.

Im Fokus der Gutachten standen die vier Gebiete in den Wirtsgesteinen Kristallin, Ton, Steinsalz (flache Lagerung) und Steinsalz (steile Lagerung). Die Gutachter haben die Gebiete, die von der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ausgewählt wurden, stichprobenartig überprüft.

Nachdem die BGE im September 2020 den Zwischenbericht Teilgebiete veröffentlicht hat und die Fachkonferenz Teilgebiete im August 2021 zu Ende ging, steht nun der 2. Schritt der Phase 1 des Standortauswahlverfahrens an. In diesem müssen die 90 Teilgebiete – immerhin 54 % der Fläche Deutschlands - auf die Gebiete eingegrenzt werden, die in der anschließenden Phase weiter auf ihre Eignung als möglicher Endlagerstandort hin erkundet werden sollen. Die BGE muss zum Zweck der Einengung die sogenannten repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen (rvSU) auf die ausgewiesenen Teilgebiete anwenden.

Um die dafür erforderlichen geowissenschaftlichen Methoden zu entwickeln und zu erproben, hat die BGE vier Gebiete zur Methodenentwicklung (GzM) ausgewählt. Diese liegen in den vier Wirtsgesteinen und ihre Auswahl stellt nach Angaben der BGE keine Vorfestlegung für eine besondere Eignung als Endlagerstandort dar.

Neben seinem Recht auf Akteneinsicht im Standortauswahlverfahren kann das NBG eine Sachverständigengruppe von Geologen einsetzen, die unter Verschluss befindliche geologische Daten einsehen und bewerten sollen. Dies betrifft Daten, die noch nicht veröffentlicht sind oder generell nicht veröffentlicht werden.

Ob das Vorgehen der BGE bei der Auswahl der vier Gebiete zur Methodenentwicklung plausibel und fachlich nachvollziehbar ist und ob sich die erforderlichen Methoden an diesen entwickeln lassen, sollte durch vier Sachverständige des NBG anhand der stichprobenartigen Betrachtung dieser Gebiete erfolgen:

  • Für das Gebiet im Kristallin durch Prof. Dr. Jan Behrmann / Gutachten
  • Für das Gebiet im Ton durch Dr. Jürgen Grötsch / Gutachten
  • Für das Gebiet im Steinsalz (flache Lagerung) durch Prof. Dr. Michael Kühn / Gutachten
  • Für das Gebiet im Steinsalz (steile Lagerung) durch Dr. Michael Weber / Gutachten

Gutachten Gebiet im Kristallin

Für das Wirtsgestein Kristallin sollte der NBG-Gutachter Prof. Dr. Jan Behrmann die Auswahl und Eignung des Teilgebietes „Saxothuringikum“ (Teilgebiet 009_00TG_194_00IG_K_g_SO) als Gebiet zur Methodenentwicklung bewerten.

Kurz & Verständlich

Zusammenfassende Bewertung

  • Die Kriterien, anhand derer das Gebiet „Saxothuringikum“ ausgewählt wurde, sind generell geeignet, die Methoden für die Durchführung der repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen für das kristalline Wirtsgestein zu entwickeln.
  • Das Gebiet „Saxothuringikum“ ist unter den sieben Teilgebieten im Kristallingestein am besten geeignet, um die Methoden für die Sicherheitsuntersuchungen zu entwickeln.
  • Die Qualität der Kommunikation und der Erklärung gegenüber der Öffentlichkeit zur Auswahl der Gebiete sind als unzureichend einzustufen. Lediglich Fachleuten ist die Auswahl mit der nachgeschobenen Kommunikation der BGE erklärbar.
  • Es ist derzeit nicht klar, anhand welcher transparenten Kriterienkataloge die Auswahl und Bewertung von Untersuchungsräumen durch eine Geosynthese und die weiteren Module der Sicherheitsuntersuchungen erfolgen sollen.

Handlungsempfehlungen

  • Ein Vorgehen vergleichender Bewertung anhand transparenter Kriterienkataloge und Bewertungssysteme bei der Behandlung großer Untersuchungsräume im gewählten Gebiet sollte möglichst umfassend erprobt und angewendet wird. Damit könnte die Verfahrensgerechtigkeit erhalten bleiben und gleichzeitig die Praktikabilität der Standortsuche in künftigen Schritten und Phasen in den sieben Teilgebieten im Kristallin sichergestellt werden.
  • Die BGE sollte die bei der räumlichen Definition des Teilgebietes „Saxothuringikum“ aufgetretenen, deutlichen Fehler hinsichtlich des Vorhandenseins geeigneter kristalliner Wirtsgesteine im Untergrund berichtigen. Der Prozess der Methodenentwicklung und die Definition der Untersuchungsräume könnten bei dieser Berichtigung produktiv eingesetzt werden.
  • Die BGE möge der Öffentlichkeit für Laien verständlich kommunizieren und erklären, wie die Erstellung einer Geosynthese und die Anwendung der anderen Module für die Sicherheitsuntersuchungen im Standortauswahlprozess genau funktionieren. Ist die Anwendung schrittweise und wiederholend geplant? Kann der Anwendungsprozess der Sicherheitsuntersuchungen selbst „lernend“ sein, wenn neue Daten zur Verfügung stehen? Wie werden derzeit nicht digital verfügbare Daten in das Verfahren eingebunden?
  • Das NBG sollte gegenüber der BGE hinsichtlich dieser für die Öffentlichkeit sehr wichtigen Fragen immer wieder Transparenz einfordern.

Gutachten Gebiet im Ton

Für das Wirtsgestein Ton sollte der NBG-Gutachter Dr. Jürgen Grötsch die Auswahl und Eignung des Teilgebietes „Opalinuston“ (Teilgebiet 001_00TG_032_01IG_T_f_jmOPT) als Gebiet zur Methodenentwicklung bewerten.

Kurz & Verständlich

Zusammenfassende Bewertung

  • Das von der BGE gezeigte und schon teilweise intern dokumentierte Vorgehen zur Methodenentwicklung hat demonstriert, dass das für das Wirtsgestein Tongestein selektierte Teilgebiet „Opalinuston“ als Gebiet für die weitere Methodenentwicklung gut geeignet ist.
  • Bei der Auswahl des Gebietsaus den insgesamt acht verschiedenen Teilgebieten mit Wirtsgestein Tongestein fehlten klare Kriterien und es liegt keine Dokumentationen zu dieser Entscheidung vor.
  • Die Entscheidung der BGE ist folglich nur im Nachhinein als positiv zu bewerten, da der Prozess, der zur Entscheidung geführt hat, erkennbare Schwachstellen aufweist und als wenig transparent beurteilt wird.
  • Die Auswahl des Gebiets zum Wirtsgestein Tongestein ist keine Vorfestlegung für eine Standortregion und damit wurde auch noch keine Aussage für eine potentielle Eignung getroffen. Die im Gutachten angesprochenen Defizite im Entscheidungsprozess bei der Auswahl werden daher als nicht kritisch für den weiteren Verlauf des Verfahrens insgesamt angesehen.

Handlungsempfehlungen

  • Schaffung einer deutlich zu verbessernden Datengrundlage, inklusive deren Harmonisierung in der gesamten Bundesrepublik und Sicherstellung der Verfügbarkeit (sehr lange Vorlaufzeit). Dazu zählen die Digitalisierung von Geodaten und die Entwicklung von effizienten Methoden bei der Beschaffung und dem Austausch von Untergrunddaten zwischen Bund, Ländern und der Industrie basierend auf dem Geologiedatengesetz (GeolDG), inklusive vertraulicher Daten.
  • Aufgrund der Tatsache, dass im Bereich Datenbeschaffung, -management und -verfügbarkeit noch keine Verbesserungen im Endlagerprojekt zu beobachten sind, sollte eine Geodaten-Task Force unter Leitung der zukünftigen Bundesministerien für Wirtschaft und Klima sowie Umwelt aufgebaut werden.
  • Eine zukünftige, gemeinsame Geodaten-Lösung sollte auch auf die Bereitstellung der entscheidungsrelevanten Daten an die Öffentlichkeit im weiteren Verlauf des lernenden Verfahrens ausgerichtet werden.
  • Der Verwendung von Ungewissheiten im geologischen Untergrund sollte eine wichtige Rolle bei der weiteren Bearbeitung des Endlagerprojektes eingeräumt werden. Dies muss in der Methodenentwicklung berücksichtigt werden.

Gutachten im Gebiet Steinsalz (flache Lagerung)

Für das Wirtsgestein Steinsalz (flache Lagerung) sollte der NBG-Gutachter Prof. Dr. Michael Kühn die Auswahl und Eignung des Teilgebietes „Thüringer Becken“ (Teilgebiet 078_02TG_197_02IG_S_f_z) als Gebiet zur Methodenentwicklung bewerten.

Kurz & Verständlich

Zusammenfassende Bewertung

  • Nach Prüfung der verfügbaren Unterlagen und Datensätze lässt sich sagen, dass das Gebiet „Thüringer Becken“ geeignet ist, um die benötigten Methoden für das Wirtsgestein Steinsalz in flacher Lagerung zu entwickeln.
  • Die von der BGE angewandten Auswahlkriterien für das Gebiet „Thüringer Becken“ sind geeignet, um an diesem die Methoden für die Sicherheitsuntersuchungen zu entwickeln.
  • Die Auswahl erfolgte aufgrund seines für Steinsalz typischen und komplexen Aufbaus mit verschiedenen Schichten, die mächtig genug sind, um ausreichend Raum für einen einschlusswirksamen Gebirgsbereich (wesentliche Barriere eines Endlagers) zu bieten.
  • Die BGE entwickelt zurzeit Arbeitsmethoden und ein Konzept zur Anwendung der Sicherheitsuntersuchungen. Das beinhaltet u. a. eine umfangreiche Analyse der vorliegenden geologischen Daten in der sogenannten Geosynthese als auch die Erprobung von numerischen Modellierungsmethoden für die Beurteilung eines potenziellen Endlagersystems. Der Prozess ist wissens- und datenbasiert und sehr gut nachvollziehbar.

Handlungsempfehlungen

  • Es wird empfohlen im Rahmen der aktuellen Arbeiten den Fokus auf die qualitative und quantitative Bewertung der jeweils vorliegenden Datendichte der Teilgebiete zu schärfen.
  • Strategien müssen erarbeitet werden, wie methodisch mit der variierenden Datenlage umgegangen werden kann bzw. werden muss. In dem Rahmen muss auch eine Definition der Qualität der Datenverfügbarkeit erfolgen.
  • Verfahren zur Kontrolle der Plausibilität von Modellen und Konzepten sollten erarbeitet werden. Nur so wird sich eine nicht hinreichende Datenlage beurteilen lassen, um daraus resultierende Ungewissheiten und Erkundungsbedarfe zu ermitteln.
  • Die durch die Staatlichen Geologischen Dienste (SGD) bereitgestellten Modelle dienten ursprünglich anderen Aufgaben. Es muss geprüft und belegt werden, ob sie im Rahmen der Standortsuche in gleicher Art und Weise eingesetzt werden können.
  • Das Wirtsgestein Steinsalz hat den Vorteil einer vergleichsweise umfangreichen und guten Datenlage aufgrund des historischen, wirtschaftlichen Interesses an den Formationen. Die Übertragbarkeit bzw. Anwendbarkeit der entwickelten Methoden auf andere Wirtsgesteine muss geprüft werden.

Gutachten im Gebiet Steinsalz (steile Lagerung)

Für das Wirtsgestein Steinsalz (steile Lagerung) sollte der NBG-Gutachter Dr. Michael Weber die Auswahl und Eignung des Teilgebietes „Salzstock Bahlburg“ (Teilgebiet 035_00TG_057_00IG_S_s_z) als Gebiet zur Methodenentwicklung bewerten.

Kurz & Verständlich

Zusammenfassende Bewertung

  • Die von der BGE angewandten Auswahlkriterien für das Gebiet „Salzstock Bahlburg“ sind geeignet, um an diesem die repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchung für Steinsalz (steile Lagerung) zu entwickeln.
  • Das Gebiet „Salzstock Bahlburg“ ist geeignet, um Methoden für die repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen für Steinsalz (steile Lagerung) zu entwickeln.
  • Der „Salzstock Bahlburg“ ist im Hinblick auf Form, Gesamtfläche, Tiefenlage, interne Struktur und Erkundungsgrad insgesamt ein repräsentatives, durchschnittliches Teilgebiet.
  • Nach der öffentlichen Diskussion, der von der BGE im Frühjahr 2022 vorzustellenden Herangehensweise zur Durchführung der Sicherheitsuntersuchungen wird es Anpassungen in der zu verwendenden Methodik geben Diese werden weiterentwickelt und danach auf alle Teilgebiete angewandt.
  • Das zentrale Problem der noch beschränkten Datenverfügbarkeit/Digitalisierung bei der Entwicklung des Standortauswahlverfahrens ist nicht gelöst.

Handlungsempfehlungen

  • Ein massiver, auch personeller, Ausbau wird dringend empfohlen, um die vor allem bei den Staatlichen Geologischen Diensten (SGD) vorhandenen Daten dem Verfahren in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen.
  • Zu den nachfolgenden Fragen sind detaillierte Darstellungen des geplanten Vorgehens durch die BGE bei der Präsentation der Sicherheitsuntersuchungen im Frühjahr 2022 wünschenswert.
    • Wie soll bei Daten- bzw. Wissenslücken, über Referenzdaten hinaus, die Beurteilung stattfinden?
    • Wie soll die Bewertung von Unsicherheiten konkret umgesetzt werden?
    • Wie sollen die möglichen Rückkopplungen der Ergebnisse aus den einzelnen Modulen in der methodischen Weiterentwicklung berücksichtigt werden?
    • Wie soll die mögliche Rückkopplung der Ergebnisse der Sicherheitsuntersuchungen (bzw. ihrer Module) auf Ausschlusskriterien, Mindestanforderungen und geowissenschaftliche Abwägungskriterien (§§ 22, 23, 24 StandAG) umgesetzt werden?

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hat zu den vier Gutachten mit einem Schreiben an das NBG mit Datum 11.01.2022 Stellung genommen. Das Dokument ist auf der BGE-Website verfügbar.

Hinweis: Die NBG-Gutachter haben auf der 57. NBG-Sitzung (10.12.2021) ihre Arbeit vorgestellt. Sie können diese Präsentationen im Livestream der Sitzung auf dem YouTube-Kanal des NBG verfolgen.

Dr. Stefan Banzhaf

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