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NBG-Gut­ach­ten über die un­ter­schied­li­che Da­ten­la­ge bei Ton und Kris­tal­lin

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Gutachten | 06.12.2022

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) entwickelt derzeit die Methoden, mit denen in Zukunft die Sicherheit eines Endlagers bewertet werden soll. Die geologischen Daten liefern dabei das Fundament. Sie liegen aber in den unterschiedlichen Teilgebieten nicht in der gleichen Menge und Genauigkeit vor. Wie geht man mit dieser ungleichen Verteilung von geologischen Daten um? Die NBG-Sachverständigen haben sich die Vorschläge der BGE für Ton und Kristallin genauer angeschaut. Hier ihre Ergebnisse – kurz und verständlich.

Heterogene Datenlage – so nennen es die Fachleute, wenn die Daten, die unter die Lupe genommen werden, ungleich verteilt sind. Das macht z.B. die Vergleichbarkeit der Wirtsgesteine bei der Endlagersuche schwieriger. Die BGE, die das Verfahren umsetzt, hat Vorschläge erarbeitet, wie man damit umgehen kann und wann man auf sogenannte Referenzdaten zurückgreifen müsste. Das sind Daten, die nicht in der betrachteten Region gewonnen wurden, aber trotzdem die generellen Eigenschaften des Gesteins widerspiegeln.  

Die Sachverständigen haben sich für die Teilgebiete im Tongestein und Kristallin über die laufenden Arbeiten der BGE informiert und begutachtet, ob die vorgeschlagenen Methoden anwendbar sind.

Für Teilgebiete mit dem Wirtsgestein Ton hat der Sachverständige Dr. Jürgen Grötsch Einsicht in den Datenraum der BGE genommen und die Datenlage begutachtet. Hier finden Sie sein vollständiges Gutachten.

Kurz & Verständlich

Zusammenfassung

  • Referenzdaten sind ein notwendiger Bestandteil in verschiedenen Arbeitsschritten bis hin zur Ermittlung der Standortregionen, da nicht ausreichend Untergrunddaten vorliegen. Wie hoch der Anteil der Referenzdaten sein wird, ist beim gegenwärtigen Arbeitsstand noch nicht abzuschätzen.
  • Das von der BGE eingeführte Konzept der Kenngrößen wie Datenqualität und Datenquantität wird es erleichtern, sowohl Ungewissheiten zu berechnen als auch Teiluntersuchungsräume zu vergleichen.
  • Ein gesamtheitlicher Workflow zur Behandlung von Ungewissheiten ist gegenwärtig noch nicht vorhanden und wird erst im kommenden Jahr erwartet. Es wurde zwischenzeitlich allerdings viel Vorarbeit in Form von internen und externen Projekten (geleistet sowie neue Ansätze zum Gesamt-Workflow und den einzelnen Arbeitsschritten gezeigt. Diese sind teils schon umgesetzt.
  • Obwohl genauere Dokumentationen der BGE noch nicht vorliegen, ist davon auszugehen, dass Rücksprünge notwendig sind und es auch in Schritt 1 Phase II – also nach der Festlegung der Standortregionen – noch zu einer Neubewertung von Teiluntersuchungsräumen kommen kann. Dies ist ein Resultat der heterogenen Datenlage und nachvollziehbar.
  • Eine positive Entwicklung ist bei der BGE-internen Qualitätssicherung von geologischen Modellen zu beobachten – ein wichtiger Schritt, der schon klar ersichtlich zur Hebung von Model-Standards geführt hat.
  • Trotz signifikanter Fortschritte im Geodatenmanagement ist die Verfügbarkeit von digitalen Daten noch stark verbesserungswürdig, wobei die Ursachen auf fehlende Geo-Datenstandards in Deutschland, mangelhafte Digitalisierung der Daten und einer unzureichenden Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Länderbehörden zurückzuführen sind. D.h., diese Problematik kann allein von Seiten der BGE nicht gelöst werden.
  • Derzeit muss immer noch über einen Arbeitsstand gesprochen werden, da seit März 2022 keine weiteren Dokumentationen veröffentlicht oder Resultate abschließend vorgestellt wurden. Dies bedeutet auch, dass die meisten Fragestellungen des NBG zu diesem Gutachten derzeit noch nicht abschließend beantwortet werden können.

Einige Handlungsempfehlungen

  • Die BGE sollte ein sogenanntes Risikoregister führen. In diesem sollten Risiken, die absehbar im Verfahren auftreten können, aufgelistet werden.
  • Geodaten und ihre digitale Verfügbarkeit, auch zur späteren Veröffentlichung, sollten Teil dieses Risikoregisters sein und aktiv von der BGE nachverfolgt werden, etwa über sogenannte „dashboards“.
  • Ungewissheiten sollten Teil dieses Risikoregisters sein, sprich Ungewissheiten sollten mit entsprechenden Risiken verknüpft werden. Dies macht auch deutlich, warum und welche notwendigen Maßnahmen zu deren Vermeidung eingeleitet wurden.

Für Teilgebiete mit dem Wirtsgestein Kristallin hat der Sachverständige Prof. Dr. Jan Behrmann Einsicht in den Datenraum der BGE genommen und die Datenlage begutachtet. Hier finden Sie sein vollständiges Gutachten.

Kurz & Verständlich

Zusammenfassung

  • Der vorgeschlagene Workflow zum Umgang mit heterogener Datenlage ist generell geeignet, in den großen Teilgebieten mit dem Wirtsgestein Kristallin angewendet zu werden. Vorrangig sollte an der noch mangelnden Verfügbarkeit digitaler Nachweise gearbeitet werden. Eine wichtige Rolle dabei können auch an Dritte vergebene Forschungsprojekte spielen.
  • Das erklärte Vorgehen zum Umgang mit Gebieten mit nicht ausreichender Information erscheint praktikabel. Es erfordert aber, dass die Hürden zur Ausweisung eines Gebietes ohne ausreichende Information auch im Hinblick auf die Verfahrensgerechtigkeit entsprechend hoch angesetzt werden.
  • Die Verwendung von Referenzdaten, die nicht aus den Teilgebieten mit dem Wirtsgestein Kristallin selbst stammen, wird auch weiterhin unabdingbar nötig sein und korrekte Bewertungen und Einstufungen erst möglich machen.
  • Einschränkungen bezüglich der Verwendung von Referenzdaten aus anderen Kristallingebieten bestehen überall, wo standortspezifische Faktoren eine Rolle spielen. Hier ist sorgfältig zu prüfen, inwieweit generische Modelle und tiefenabhängige Änderungen der Gesteinseigenschaften für eine zutreffende Beschreibung ausreichen.

Einige Handlungsempfehlungen

  • Da die Datenlage in den sieben Teilgebieten mit kristallinem Wirtsgestein generell sehr unterschiedlich ist und viele entscheidende Unterlagen wie Bohrlochmessungen, Schichtenverzeichnisse von Bohrungen und die zugehörigen Bohrakten in der Datenbank der BGE nicht in digitaler Form vorliegen, wird empfohlen, besonderes Augenmerk auf die Vervollständigung dieser Daten zu richten. Dabei sollten alle Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden.
  • Konkret ist der BGE für das Teilgebiet der Mitteldeutschen Kristallinzone besonders anzuraten, durch Datenabfragen beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) die Voraussetzungen für eine korrekte Einstufung besonders im Bereich von Spessart und Odenwald zu schaffen.
  • Es wird empfohlen, die Hürden zur Ausweisung eines Gebietes ohne ausreichende Information entsprechend hoch anzusetzen. Dies ist auch aus Gründen des Erhalts der Verfahrensgerechtigkeit zu empfehlen.
  • Generell wird empfohlen, auf Referenzdaten aus ausländischen Kristallingesteinen zurückzugreifen. Dabei sind aber die zu beachtenden Einschränkungen zu berücksichtigen und für die Nachvollziehbarkeit in der Öffentlichkeit klar zu kommunizieren.
  • Es wird empfohlen, ein kombiniertes Kriterium aus Gesteinszusammensetzung und Entstehungsgeschichte beim Zuschnitt von Untersuchungsräumen und Teiluntersuchungsräumen konsequent umzusetzen und anzuwenden. Auf diese Weise kann die Suche nach einem geeigneten Endlager effizienter gestaltet und beschleunigt werden.
  • Der BGE wird empfohlen, die jetzt anstehenden Arbeiten wo immer möglich durch begleitende Forschungsvorhaben auch durch Dritte zu unterstützen. Die Daten, die man für eine zielgerichtete Arbeit braucht, sind noch zu unterschiedlich und häufig nicht in der gewünschten Menge vorhanden.

Dr. Stefan Banzhaf & Dr. Heiko Zumsprekel

Die NBG-Sachverständigen haben ihre beiden Gutachten auf der 69. NBG-Sitzung (9.12.2022) in Berlin vorgestellt. Den Mitschnitt dazu finden Sie auf dem YouTube-Kanal des NBG (TC: 2:59:32 - 4:05:30)

YouTube-Livestream 69. NBG-Sitzung (9.12.2022, Berlin-Online)

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