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Wel­che Rol­le spie­len die Kom­mu­nen bei der End­la­ger­su­che?

20.09.2022

2031 ist das Ziel! Bis dahin soll in Deutschland ein Standort für hoch radioaktiven Müll gefunden werden. Eine gesellschaftliche Mammutaufgabe. Dabei kommt der Beteiligung der Öffentlichkeit eine Schlüsselrolle zu. Doch wie läuft der Prozess der Endlagersuche konkret ab? Welche Rechte und Mitsprachemöglichkeiten haben die Kommunen? Darüber wurde auf einer Online-Veranstaltung des NBG diskutiert.

Will man wissen, was die Menschen in Deutschland denken, hilft es, den Bürgermeister*innen der Republik zuzuhören. Denn sie haben oft den kürzesten Draht zu ihrer Gemeinde. Läuft etwas nicht gut, gibt es konkrete Fragen zu großen politischen Entscheidungen – sie erfahren es oft als erste.

Kommunen als Schnittstelle

Kommunalpolitiker*innen sind eine Art Resonanzboden und gerade bei der Endlagersuche eine wichtige Schnittstelle. Den Prozess erklären, Ängste und Bedenken frühzeitig aufnehmen und in das Verfahren einfließen lassen – wer bei der Endlagersuche die Menschen mitnehmen möchte, muss die Kommunalvertreter*innen Deutschlands aktiv einbinden. Mit ein Grund, warum das NBG ihre Perspektive in den Fokus einer Onlineveranstaltung stellte.

Digital zugeschaltet waren rund 110 Kreistagsabgeordnete, Bürgermeister*innen und interessierte Bürger*innen aus ganz Deutschland.

Zusätzlich verfolgten viele Interessierte die Diskussion im Livestream auf dem YouTube-Kanal des NBG.

Paten und Moderatoren der Diskussion waren von NBG-Seite Jo Leinen und Günther Beckstein. Der eine ehemaliger SPD-Abgeordneter des EU-Parlaments, der andere CSU-Politiker und ehemaliger Ministerpräsident Bayerns. Beide schon lange aktiv und vernetzt in der Kommunalpolitik.

Keine Betroffenheit, kein Interesse

Sie stellten fest: keine Gemeinde schreit danach, ein Endlagerstandort zu werden. Zu groß die Ängste, zu wenig bisher das Wissen über den Prozess. Und bisher auch kaum Interesse – wie Christel Rosenbaum, Mitglied des Gemeinderats Beetzendorf in Sachsen-Anhalt (Grüne Liste/SPD), betonte.

Auch ihre Region gehört zu jenen 90 Teilgebieten, die von der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) als potentieller Standort für ein Endlager ausgesucht wurden. Rund 54 Prozent Deutschlands sind das.

Auch ein Grund, warum sich bisher kaum einer angesprochen fühlt. Keine Betroffenheit, kein Interesse. Doch Christel Rosenbaum ist sich sicher – bleibt ihre Gemeinde im weiteren Auswahlverfahren im Rennen, werden die Menschen auf die Straße gehen.

Wissen gegen Ängste

Wie kann man die „Nicht in meinem Vorgarten“-Mentalität am besten abfedern? Durch Wissen – da ist sich Gilbert Sieckmann-Joucken sicher. Der Abgeordnete (Bündnis 90/Die Grünen) des Kreistages Segeberg in Schleswig-Holstein setzt auf nachvollziehbare Entscheidungen und Transparenz.

Man müsse immer wieder erklären, dass die Endlagersuche auf wissenschaftlichen Kriterien fußt und nicht auf politischem Kalkül. Am Ende soll der Ort mit der bestmöglichen Sicherheit ausgewählt werden, nicht jener der sich am wenigsten politisch zur Wehr gesetzt hat. Geologie statt politische Machtspiele.

Um dieses Wissen zu vermitteln sei es entscheidend, dass sich Kommunalvertreter*innen schon frühzeitig mit der Endlagersuche befassen – auch wenn in ihren Gemeinden noch kaum Neugier für das Thema herrscht.

Verantwortung für die eigene Kommune

Sabrina Kaestner, erste Bürgermeisterin (CSU) von Marktleuthen in Bayern hat sich genau deshalb schon im letzten Jahr bei der Fachkonferenz Teilgebiete engagiert, auf der die geologischen Kriterien für die bisherige Auswahl intensiv diskutiert wurden.

Es sei eine Frage der Verantwortung, den Prozess von Beginn an zu begleiten. Wer als Kommunalpolitiker*in sich nicht jetzt schon damit beschäftige, hätte später schlechte Karten, die Endlagersuche seinen Bürger*innen zu vermitteln.

Allen Teilnehmenden war klar: mit so einem unbequemen Thema, lassen sich selten Wahlen gewinnen. Umso wichtiger ist es Kommunalvertreter*innen vom Prozess zu überzeugen und sie als Vermittlerinnen mitzunehmen.

Daran hätte es in der Vergangenheit oft gehakt, warf Angelika Gaertner ein. Sie ist Mitglied (Freie Wähler) im Orts- und Gemeinderat sowie im Kreistag Landkreis Harburg in Niedersachsen und ist nicht zufrieden über den bisherigen Verlauf der Endlagersuche.

Verständlich erklären

Nur zuhören reiche nicht aus, die Menschen und Politiker*innen vor Ort müssten viel stärker eingebunden werden. Transparenz werde zwar immer wieder genannt, aber selten von den federführenden Institutionen wie der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) oder dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) mit Leben gefüllt.

Vieles verlaufe im Sande, es gäbe wenig konkrete und verständliche Antworten.

Auch andere Kommunalvertreter*innen monierten, dass die Verantwortlichen beim Erklären des Verfahrens bisher kaum eine Sprache wählen, die die Menschen verstehen. Dabei liegt genau darin die kommunikative Herausforderung. Es sei schwierig, allen Ansprüchen zu genügen, wie die BGE betonte. Was für die Wissenschaftler*innen zu wenig ins Detail gehe, könne für den Laien schon überfordernd sein.

Unterschiedliche Zielgruppen, unterschiedliche Bedürfnisse, unterschiedliche Kommunikationswege – daran werde, so die BGE, konstant gefeilt. Die Kritik könne man nachvollziehen, sehe sie aber auch als Ansporn, es besser zu machen.

Partizipation auf Augenhöhe

Und bis dahin? Einige Ideen wurden von den Kommunalvertreter*innen genannt, um jetzt schon das Verfahren zu optimieren. Das Thema müsse z.B. in den Lernplan von Schulen. Die Einrichtung von regionalen Geschäftsstellen, die vor Ort, das Verfahren konkret erklären und Anlaufstelle für Bürger*innen sind, könne hilfreich sein.

Für all das bräuchte es aber finanzielle Unterstützung. Niedersachsen stellt für die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Endlagersuche rund 500.000 Euro zur Verfügung. Solch eine Finanzspritze würde sich auch die Kommunalpolitikerin Christel Rosenbaum in Sachsen-Anhalt wünschen.

Am Ende der Diskussion wurde deutlich – es braucht noch sehr viel mehr, um die Endlagersuche im öffentlichen Bewusstsein der Kommunen zu verankern. Mehr Erklärformate, mehr Einbindung auf Augenhöhe, aber auch mehr Geld.

All diese Aspekte und Diskussionspunkte finden Sie im Video-Mitschnitt der Veranstaltung auf unserem YouTube-Kanal.

YouTube-Livestream "Welche Rolle spielen die Kommunen bei der Endlagersuche?" (20.9.2022)

Aygül Cizmecioglu

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