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Zwi­schen­la­ge­rung in Nord­rhein-West­fa­len

NBG-Veranstaltung "Zwischenlagerung in Nordrhein-Westfalen" (13.9.2022/Ahaus) NBG-Veranstaltung "Zwischenlagerung in Nordrhein-Westfalen" (13.9.2022/Ahaus)
Bundesfoto/Zöhre Kurc

13.09.2022

Zuerst besichtigte das NBG das Zwischenlager in Ahaus, dann ging es in den Austausch mit der lokalen Bevölkerung und Vertreter*innen der Landes- und Bundespolitik. Dabei wurde gleich zu Beginn deutlich: die Themen Zwischen- und Endlager sind aufs Engste miteinander verknüpft.

Als „Land mit Kohle, Stahl und Eisen“ bezeichnete NBG-Mitglied Klaus Brunsmeier Nordrhein-Westfalen zum Auftakt der NBG-Veranstaltung. Doch nicht nur das: Das Bundesland blickt auf eine bewegte Geschichte im Umgang mit atomaren Abfällen zurück. An diesem Tag richtete sich der Fokus auf den Zwischenlagerstandort Ahaus, das möglicherweise weiteren hoch radioaktiven Atommüll aus Jülich und Garching aufnehmen soll.

In Jülich lagern aktuell Brennelemente in 152 Castor-Behältern, doch die Aufbewahrungsgenehmigung ist bereits 2013 abgelaufen. 2014 folgte die atomrechtliche Anordnung, die Brennelemente unverzüglich aus Jülich abzutransportieren. Eine finale Entscheidung darüber, wo die Brennelemente lagern sollen, steht noch aus.

In Garching steht der Forschungsreaktor der FRM II (Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz), wo Brennelemente für Forschungszwecke eingesetzt werden. Danach lagern sie einige Jahre vor Ort und müssen anschließend in einem Zwischenlager untergebracht werden. In Planung ist daher der Transport der Brennelemente in das Zwischenlager Ahaus.

Ahaus wehrt sich gegen weiteren Atommüll

Bereits in den 1970er-Jahren gab es Proteste aus der Bevölkerung gegen den Bau eines Zwischenlagers. Entstanden ist daraus unter anderem die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“, die stellvertretend für die Einwohner kritisch nachfragt und heute eng mit Bürgermeisterin Karola Voß und dem Stadtrat zusammenarbeitet. Sie alle saßen auf dem Podium und übten einstimmig Kritik am Vorhaben, weiteren Atommüll nach Ahaus zu transportieren.

Dr. Michael Räckers von der CDU betonte, dass sich der Stadtrat spätestens seit 2016 darüber einig ist, die Brennelemente aus Jülich nicht aufzunehmen. In dieser Hinsicht passe kein Blatt zwischen Karola Voß und den Ratsmitgliedern. So verwunderte es auch nicht, dass das Vorhaben der Bürgermeisterin, die eigenen Verantwortlichkeiten juristisch zu prüfen, auf allgemeine Zustimmung traf. Schließlich seien die Verträge vor über 40 Jahren entstanden und Entscheidungen von der vorangegangen Generation unter anderen Voraussetzungen getroffen worden.

Rechtliche Chancen für Betroffene ausloten

Felix Ruwe, einer der Gründer der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“, sah hier auch das NBG in der Pflicht. Wenn Neugenehmigungen für Jülich und Ahaus ausgestellt werden sollten, müssten auch vertragliche Vereinbarungen kritisch hinterfragt werden. Das Gremium müsse rechtliche Chancen im Sinne der Betroffenen ausloten. Denn die Befürchtung vieler Bürger*innen in Ahaus sei es, dass mit den Transporten Tatsachen geschaffen werden und die Stadt mit dem Problem am Ende alleine dasteht.

Denn Fakt ist: Mit jeder weiteren Aufnahme nuklearer Abfälle sinkt die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Schließung des Zwischenlagers, deren Genehmigung 2036 ausläuft. Da ist noch kein Endlager in Sicht.

Bis 2031 soll die Suche nach einem geeigneten Endlagerstandort abgeschlossen sein, ab 2050 sollen die ersten Transporte beginnen – ein ambitionierter Zeitplan, dessen Einhaltung einer Herkulesaufgabe gleicht und das Problem mit den Zwischenlagern verschärft.

Neubau in Jülich hat Priorität

Eine wichtige Ansprechpartnerin an diesem Abend war Silke Krebs, die ein positives Signal in Richtung Ahaus sendete. Die NRW-Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie verwies auf den Zukunftsvertrag NRW, in dem sich die Landesregierung eindeutig zur Minimierung von Atomtransporten bekennt. Ziel sei es daher, den Neubau eines Zwischenlagers in Jülich voranzutreiben.

Doch ein Problem gibt es: Die Suche nach einem geeigneten Grundstück für den Neubau zieht sich schon über mehrere Jahre hin. Zwar habe man eine passende Fläche gefunden, so Krebs, doch seien noch nicht alle Genehmigungen eingeholt, um mit dem Projekt zu starten. Erst wenn alle wichtigen Sicherheitskriterien erfüllt seien, könne sie feste Zusagen machen.

Hartmut Liebermann, neben Ruwe Mitbegründer der Initiative „Kein Atommüll in Ahaus“, appellierte daher an die Staatssekretärin, die Option eines Neubaus in Jülich nicht aus den Augen zu verlieren. Er kritisierte die fehlende Transparenz der vergangenen Jahre und sieht auch aktuellen Verbesserungsbedarf in der Kommunikation. Denn bereits 2013 wurde den Betreibern des Versuchsreaktors ein Räumungsbeschluss erteilt, der noch immer gilt. Die schnellstmögliche Lösung wäre der Transport nach Ahaus, während ein Neubau mehrere Jahre beanspruchen würde. Was passiert also in der Zwischenzeit mit den Brennelementen aus Jülich? Eine Frage, auf die die Menschen aus Ahaus eine Antwort erwarten.

Vorbild Schweiz

Ein weiterer Streitpunkt war der Forschungsreaktor FRM II in Garching, für dessen abgebrannte Brennelemente Ahaus ebenfalls die Verantwortung übernehmen soll. Silke Krebs verwies in diesem Zusammenhang auf Verträge in der Vergangenheit, zu deren Einhaltung sich Ahaus verpflichtet hätte.

Zudem erklärte sie, wie wichtig Verlässlichkeit gerade in einem Jahrzehnte andauernden Prozess wie der Endlagersuche ist. Felix Ruwe und Hartmut Liebermann kritisieren allerdings, dass in der Vergangenheit eben jene Vereinbarungen nur einseitig eingehalten wurden und warfen den Verantwortlichen in Garching mangelnde Zuverlässigkeit vor.

Was am Ende der Veranstaltung deutlich wurde: Ein vertrauenswürdiger Umgang zwischen allen Beteiligten ist wichtig, um eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Für zusätzliche Aktualität sorgte auch die Meldung vom Vortag, dass die Schweiz ihren Standort für ein Endlager nun bereits vorgeschlagen hat.

In diesem Zusammenhang betonte NBG-Mitglied Klaus Brunsmeier, dass es dem Nachbarland gelungen sei, die Zivilbevölkerung erfolgreich miteinzubeziehen. Eine Aufgabe, der seit 2016 auch das NBG nachkommt, indem es – wie in Ahaus –Plattformen für einen ergebnisoffenen Diskurs liefert.

Holger Grevenbrock

Diese zweitägige NBG-Veranstaltung in Ahaus wurde am 14.9. fortgesetzt. Die Bildergalerie zum zweiten Tag finden Sie hier. Angedockt an die Veranstaltung fand auch die 66. NBG-Sitzung statt. Den Bericht dazu können Sie hier nachlesen. Sowohl die Sitzung als auch die Veranstaltung am 14.9. wurden live gestreamt und können auf dem YouTube-Kanal des NBG angeschaut werden.

YouTube-Livestream 66. NBG-Sitzung & NBG-Veranstaltung "Atommüll-Lagerung in Deutschland" (14.9.2022, Ahaus)

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