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Streit­ge­spräch: Hat man wirk­lich aus den Feh­lern der Ver­gan­gen­heit ge­lernt?

Collage Asta von Oppen (Netzwerk nukleares Gedächtnis) & Günther Beckstein (NBG-Mitglied) Collage Asta von Oppen (Netzwerk nukleares Gedächtnis) & Günther Beckstein (NBG-Mitglied)
Rainer Erhard/Aygül Cizmecioglu

Streitgespräche | 03.08.2021

In Folge 4 stand die Frage der Aufarbeitung unserer atomaren Vergangenheit im Fokus. Wie schwer wiegen die Fehler von einst? Günther Beckstein, NBG-Mitglied und ehemaliger bayerischer Ministerpräsident, traf auf die langjährige Aktivistin der Anti-Atomkraft-Bewegung Asta von Oppen.

Politische Alleingänge, Machtspiele hinter verschlossenen Türen, intransparente Entscheidungen – in puncto Endlagersuche wurden in den letzten Jahrzehnten viele Fehler gemacht, Vertrauen verspielt. Das neue Verfahren will nun alles besser machen. Wissenschaftlich, bürgernah und transparent – so das Motto. Aber wie sehr schwingen noch die Kämpfe von einst mit?

Zwei Chronisten, zwei Blickwinkel

Mit Günther Beckstein und Asta von Oppen trafen zwei Chronisten im Streitgespräch aufeinander. Zwei Menschen, die aus zwei sehr unterschiedlichen Perspektiven und Regionen auf die atomare Vergangenheit Deutschlands blicken.

Hier der langjährige CSU-Berufspolitiker Günther Beckstein, der in den 80er Jahren als Staatssekretär im bayerischen Innenministerium im Polizei-Hubschrauber die Einsätze gegen die Demonstranten in Wackersdorf leitete.

Da die Anti-Atomkraft-Aktivistin Asta von Oppen aus dem Wendland. Sie ging in den 70er Jahren gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Gorleben auf die Straße, engagierte sich bei Bündnis 90/Die Grünen und gründete das Netzwerk Nukleares Gedächtnis (NeNuG) mit - ein Zusammenschluss von Personen aus der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft, die sich mit dem Erbe der Atomnutzung beschäftigen. Zwei Menschen, zwei sehr unterschiedliche Backgrounds und Blickwinkel.

Macht und Ohnmacht

Vor Jahrzehnten hätten sie sich auf Demonstrationen womöglich gegenübergestanden. Jetzt war die Frage: Konnten Sie sich einst in die Position des anderen hineinversetzen? Man merkt: Es fällt beiden noch heute schwer. Günther Beckstein fühlte sich damals im Recht und auch durch die politischen Mehrheiten bestätigt. Dass es zu fast bürgerkriegsähnlichen Zuständen kam und die Gewaltspirale sich hochschaukelte empfindet er aber noch heute als furchtbar.

Auf der Seite der Aktivisten herrschte das Gefühl von Bedrohung und Ohnmacht. Asta von Oppen sprach von der großen Angst, die Demonstranten überkam, wenn etwa Polizeihubschrauber über einem kreisten. Diese Machtdemonstration hätte sich später auch in Gerichtssälen fortgesetzt. Den eigenen begrenzten Ressourcen hätten Armeen von Anwälten gegenübergestanden.

Kernenergie – ja oder nein?

Oft führten die Konfliktlinien entlang der Frage: Kernenergie – ja oder nein? Während Herr Beckstein lange ein Befürworter von Atomkraftwerken war und darin auch den Schlüssel für den wirtschaftlichen Fortschritt sah, warnte Asta von Oppen vor den unkalkulierbaren Risiken. Günther Beckstein sieht heute noch eine Diskrepanz zwischen dem politisch verordneten Atomausstieg und dem Zukauf von Atomstrom z.B. aus Tschechien. Dem widersprach Asta von Oppen ausdrücklich und betonte, dass Deutschland nicht auf Strom aus europäischen Kernkraftwerken angewiesen sei.

Lehren aus der Vergangenheit

Doch welche Lehren ziehen beide aus dieser wechselvollen Geschichte? Für beide ist klar: gerade der Umgang mit Gorleben hat Vertrauen verspielt. Der Neustart der Endlagersuche ist eine gesellschaftliche Chance, den bestmöglichen Standort für diesen hochgefährlichen Müll zu finden.    

Für beide ist die Öffentlichkeitsbeteiligung dabei der Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens. Scheitert die breite Einbindung der Gesellschaft, scheitert das Verfahren. Wieviel Macht sind die politischen Akteure gewillt abzugeben? Wieviel Einfluss bekommen Bürger*innen? Das sind die zentralen Stellschrauben, die den Erfolg dieses Neustarts bestimmen werden.

Für Günther Beckstein müssen sich jetzt alle anstrengen, es besser zu machen – besser als alle Generationen zuvor. Und für Asta von Oppen ist eine wichtige Lehre aus der konfliktreichen Vergangenheit: kritisch und aufmerksam bleiben!

Sie finden all diese Aspekte im Video-Mitschnitt des Gesprächs auf unserem YouTube-Kanal.

Streitgespräch: Hat man wirklich aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt?

Aygül Cizmecioglu

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