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Schlag­lich­ter von der 98. NBG-Sit­zung

Kurzbericht | 17.07.2025

Die Endlagersuche ist komplex und vielschichtig. Das zeigte sich einmal mehr in der letzten NBG-Sitzung vor der Sommerpause. Es ging nicht nur um Geologie, sondern auch um rechtliche, technologische und gesellschaftliche Fragen, mit denen sich das NBG als kritischer und vermittelnder Begleiter regelmäßig befassen muss. Das produktive Ergebnis: ein neues Gutachten, ein frisch abgestimmtes Positionspapier und eine detaillierte Stellungnahme.

Jedes Land in Europa, in dem radioaktive Abfälle entstehen bzw. entstanden sind, erstellt in regelmäßigen Abständen ein strategisches Planungsdokument für die gesamte Entsorgung radioaktiver Abfälle im eigenen Land. In Deutschland liegt die Federführung für das sogenannte Nationale Entsorgungsprogramm (NaPro) beim Bundesumweltministerium, das hierfür im Moment eine Strategische Umweltprüfung (SUP) durchführt. Das Gremium diskutierte und verabschiedete in seiner Juli-Sitzung eine detaillierte Stellungnahme zum aktuellen Entwurf.

Nationales Entsorgungsprogramm: Bitte mehr Tiefe und Vorausschau

Das NBG sieht in der aktuellen Fortschreibung einige Defizite und formuliert zentrale Kritikpunkte nebst Verbesserungsvorschlägen. Als mangelhaft angesehen werden die bisher angebotenen Möglichkeiten der Beteiligung für die Öffentlichkeit bei der Aufstellung des NaPro. Auch die Prüfung von Alternativen und möglichen Zukunftsszenarien bei der Entsorgung der radioaktiven Stoffe vermisst das Gremium. Ebenso sollten die programmatischen Ziele und Maßnahmen klarer dargestellt werden, etwa zur dezentralen oder zentralen Zwischenlagerung. Schließlich fehlt in dem Entwurf eine Bewertung neuer Sicherheitsrisiken beispielsweise durch Drohnentechnologie oder geopolitische Spannungen.

Das NBG fordert deshalb mehr Tiefe, Transparenz und vorausschauende Planung. Nur so kann Vertrauen in die nationale Entsorgungsstrategie und somit auch in das Standortauswahlverfahren entstehen. Die finale Stellungnahme reicht das Gremium zeitnah beim Bundesumweltministerium ein.

Info

Auch die Öffentlichkeit ist noch bis zum 5. August 2025 aufgerufen, Stellungnahmen zum NaPro einzureichen. Dies geht postalisch ans Bundesumweltministerium oder per E-Mail unter siii2@bmukn.bund.de.

Klare Kante zur Transmutation: Eine sichere Lösung hat Vorrang!

Können wir uns das alles sparen und stattdessen das Endlagerproblem mit neuen Technologien zeitnah lösen? Das verspricht zumindest eine Technik namens Partitionierung und Transmutation (kurz „P&T“). Sie zielt darauf ab, hoch radioaktive Abfälle in weniger gefährliche Stoffe umzuwandeln, indem alte Brennstäbe mit Neutronen beschossen werden. Bereits seit Jahrzehnten in der Diskussion, hat die Idee von P&T aktuell wieder viel Aufmerksamkeit bekommen, insbesondere durch eine Studie von der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND mit einer sehr optimistischen Schätzung für den Bau einer solchen Anlage an ehemaligen deutschen AKW-Standorten.

Das NBG sendet mit einem Positionspapier zum Thema Transmutation ein eindeutiges Signal: Es wäre unverantwortlich, das laufende Standortauswahlverfahren zu stoppen oder die Bemühungen zu reduzieren, bis Transmutationstechnologien verfügbar sind. Denn die Technologie ist bisher nur im Labormaßstab erprobt. Eine funktionierende Gesamtanlage existiert nicht. Die versprochenen Effekte – etwa 80 Prozent weniger Abfallvolumen – bleiben spekulativ. Auch die wirtschaftliche Machbarkeit wird bezweifelt. Zusätzlich würde P&T neue, ebenfalls zu entsorgende Abfallmengen erzeugen und ein Endlager wäre weiterhin notwendig.

Klar ist: Forschung ist fundamental und neue Ansätze sind erstrebenswert, doch das darf keine Ausrede für Stillstand sein. Eine vage Hoffnung auf künftige Durchbrüche darf nicht die sichere Lösung von heute verzögern. Die tiefengeologische Endlagerung bleibt international die am besten bewertete Entsorgungsoption und sollte konsequent weiterverfolgt werden.

Vergleich ist Pflicht – und zwar durchgängig

Um für dieses tiefengeologische Lager den sichersten Standort zu finden, müssen in jeder Phase des Verfahrens systematische Vergleiche durchgeführt werden.

Zu diesem Thema gab das NBG ein Gutachten beim renommierten Rechtsexperten Dr. Ulrich Wollenteit in Auftrag. Im Kern ging es um die Frage, wann und wie das Standortauswahlverfahren ein vergleichendes Verfahren sein muss – wann also zum Beispiel Teilgebiete oder Standortregionen verglichen werden müssen und wann dabei auch zwischen den verschiedenen Wirtsgesteinen (kristallines Gestein, Steinsalz und Tongestein) abgewogen werden muss. Denn keines der Wirtsgesteine ist per se sicherer als das andere, daher sind sie gleichrangig zu behandeln.

Wollenteits wesentliche Erkenntnis auf die Frage, wann ein wirtsgesteinsübergreifender Vergleich stattfinden muss: Das Gesetz schreibt keinen konkreten Zeitpunkt dafür vor. Zu vergleichen sind nicht einfach „nur“ die Wirtsgesteine. Sondern verglichen werden die konkreten Gebiete, verbunden mit dem jeweiligen dort vorgesehenen Endlagersystem. Darin begründe sich die Komplexität bei der Entwicklung einer geeigneten Methodik für diesen Vergleich: Gewissermaßen müsse man hier Äpfel mit Birnen vergleichen. Zum derzeitigen Stand des Verfahrens wäre nicht erkennbar, dass die gesetzlich geforderte Prüftiefe für einen wirtsgesteinsübergreifenden Vergleich unterschiedlicher Endlagersysteme gegeben wäre.

Das NBG betont die dringende Notwendigkeit, die Vergleichsmethodik so früh wie möglich zu entwickeln und offenzulegen. Nur so kann vermieden werden, dass der Eindruck einer Beeinflussung zugunsten eines favorisierten Ergebnisses erfolgt. Denn feststeht, dass eine unterbliebene vergleichende Bewertung einen Verfahrensfehler darstellt, der das Verfahren angreifbar macht – und es müsste unter Umständen in frühere Phasen zurückgesetzt werden.

Wiedersehen im Wendland

Die Sitzung schloss mit einem Ausblick auf die 99. Sitzung, die nach der kurzen Sommerpause am 9. September in Lüchow-Dannenberg stattfinden wird – einem Ort, der wie kein anderer für gelebte Teilhabe und ein lernendes Verfahren steht. Die Gelegenheit lässt sich das Gremium nicht entgehen und möchte mit den Menschen vor Ort ins Gespräch kommen. Die Sitzung wird deshalb flankiert von der Veranstaltung „NBG vor Ort: Mit Gorleben für die Regionalkonferenzen lernen?“, zu der sich alle Interessierten ab sofort hier anmelden können.

All diese Aspekte und weitere Diskussionspunkte der themenreichen 98. NBG-Sitzung finden Sie auch im Video-Mitschnitt auf unserem YouTube-Kanal.

YouTube-Mitschnitt 98. NBG-Sitzung (17.7.2025)

Ellen Boettcher

Ausführliche Informationen finden Sie bald in einem Ergebnisprotokoll.

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